Linux-Kläger McHardy zieht Antrag gegen Geniatech Europe GmbH zurück
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Der ehemalige Linux-Kernel-Entwickler Patrick McHardy will nun doch nicht weiter gegen den Elektronik Hersteller Geniatech Europe GmbH vorgehen und zog am vergangenen Mittwoch seinen Antrag auf eine Einstweilige Verfügung beim Oberlandesgericht Köln zurück. Das Landgericht Köln hatte Geniatech noch in einer Vorinstanz angedroht, das Unternehmen mit einem Ordnungsgeld von 250.000 Euro zu belegen, falls es noch einmal gegen Lizenzbestimmungen verstößt, indem es den freien Linux-Kernel verbreitet.
Das OLG Köln hat nun bezweifelt, dass McHardy der Urheber freien Betriebssystems ist, sonder der finnisch-amerikanische Informatiker Linus Torvalds, der Linux entwickelt und im Jahr 1991 der Weltöffentlichkeit präsentiert hat. Patrick McHardy ist nur einer von mehreren zehntausend Programmierer, die das Betriebssystem im Laufe der Jahre weiterentwickelt und konkurrenzfähig gegenüber Windows gemacht haben.
Das Betriebssystem Linux
Das Betriebssystem Linux wurde 1991 von Linus Torvalds ins Leben gerufen und wird vor allem bei großen Rechnern verwendet, um Datenbanken und komplizierte Web-Anwendungen zu steuern. Das freie Betriebssystem Linux Kernel wird auch in unzähligen Produkten der Unterhaltungselektronik genutzt, beispielsweise Digitalkameras und Navigationssysteme. Auch Geniatech Europe verwendet Kernel für seine Satelliten-Empfänger.
Verstoß gegen Lizenzbedingungen
Der Hersteller von Unterhaltungselektronik Geniatech aus Herzogenrath bei Aachen soll gegen Linux-Lizenzbestimmungen verstoßen haben weshalb ihm das Landgericht Köln eine Strafe in Höhe von 250.000 Euro oder ersatzweise sechs Monate Haft für Geschäftsführer Mike Decker gedroht hat, sollte das Unternehmen weiterhin die komplizierten Lizenzbestimmungen missachten. Decker räumte ein, dass Geniatech den Linux-Code benutzt und abgeändert haben, ohne dabei den neuen Quellcode offen zu legen und anderen auch die Möglichkeit zu geben, diesen zu benutzen. Zwar hatte Geniatech die Lizenz-Verstöße inzwischen beseitigt, dennoch sah es zunächst so aus, als würde der Rechtsstreit in die nächste Runde gehen, denn Decker wollte nach eigenen Angaben verhindern, dass Leute wie der umstrittene Entwickler McHardy mit horrenden Vertragsstrafen dafür sorgen, dass die kommerzielle Nutzung von Linux quasi nicht möglich ist.
Einen Vergleich lehnte Decker vehement ab, denn laut dem Geniatech-Chef habe McHardy als Programmierer gar nicht das Recht zu klagen, sondern einzig und allein Linux-Erfinder Linus Torvalds. Am vergangenen Mittwoch sollte der Rechtsstreit beim Oberlandesgericht Köln in die nächste Instanz gehen, doch McHardy zog seinen Antrag auf eine einstweilige Verfügung zurück.weil er sich nur wenig Erfolgschancen ausrechnete.
McHardy in der Branche umstritten
Rund 15.000 Programmierer haben seit der Einführung von Linux Kernel an der Weiterentwicklung des freien Betriebssystems gearbeitet, worunter auch Patrick McHardy. Der frühere Kernel Entwickler hat einen großen Teil zur Entwicklung des Netfilters, einer wichtigen Netzwerk Komponente, beigetragen. Er verbesserte unter anderem die bis dahin geringe Qualität der Codes, behob Fehler und Inkonsistenzen. Im Sommer 2016 endete die Zusammenarbeit zwischen Linux und McHardy. Der Programmierer gab in einem Interview an, die Arbeit bei Linux sei sehr nervenaufreibend gewesen. Er wolle sich nun wieder auf seine eigenen Projekte konzentrieren.
Doch zahlreiche Linux-Aktivisten nehmen ihm diese Version seines Ausscheidens nicht ab. Patrick McHardy gilt in der Linux Szene als äußerst streitbarer Zeitgenosse. So soll McHardy aufgrund seiner zahlreichen umstrittenen Abmahnungen suspendiert worden sein. 50 Lizenzverletzungen soll er innerhalb von vier Jahren angezeigt haben, ein großer Teil landete vor Gericht und soll dem Entwickler mehrere Millionen Euro eingebracht haben Auch darum wurde das Verfahren gegen Geniatech von der Elektronikbranche mit Spannung beobachtet, weil viele Firmen befürchteten, dass eine riesige Klagewelle auch wegen kleinster Details auf sie zukommen würde, hätte McHardy auch dieses Mal wieder Recht bekommen.
Die Kernel Entwickler hatten den Linux Quellen zur Einführung der neuen Version 4.14 eine Klarstellung zu Lizenzfragen beigefügt, damit solche Verfahren in Zukunft unnötig werden. Auch IBM und Google folgten diesem Beispiel und veröffentlichten ebenfalls Ergänzungen zu den Lizenzen ihrer Open Source Projekte.
McHardy weist Bereicherungsvorwurf zurück
Vorwürfe, er wolle sich an Open Source Projekten bereichern, wies Patrick McHardy als absurd zurück. Im Gegensatz zum amerikanischen Recht können man in Deutschland keine immensen Schadenersatzsummen fordern, so der Software Entwickler. Zudem hätten Miturheber kein Anrecht auf Schadenersatz in dem Sinne. Ihm ginge es lediglich darum, entstandene Kosten für die Anschaffung und Untersuchung von Produkten sowie Anwaltskosten erstattet zu bekommen, so McHardy weiter.
Bestanden allerdings Unterlassungsverträge oder der Vertragsverletzer zeigte sich sehr hartnäckig, habe es durchaus schon Forderungen nach Vertragsstrafen gegeben, räumte der Software Entwickler ein.
Die Szene reagiert zwiespältig auf die Aktivitäten von McHardy. Einerseits wird es begrüßt, dass jemand da ist, der den Unternehmen, die gegen Linux-Lizenzen verstoßen, einen Riegel vorschiebt. Andere werfen dem Programmierer vor, aus den Verstößen persönliches Kapital zu schlagen anstatt die Linux-Entwickler daran teilhaben zu lassen. Ob der Fall Geniatech noch einmal verhandelt wird, ist noch unklar.